Bewegungsdynamik und Konstruktion, Prof. Dr.-Ing. Roland Platz
Zustandskontrolle Strukturdynamischer Systeme
Autonome Transportsysteme mit bisher unbekannten maschinellem Fahrverhalten und Funktionalen Sicherheitsfunktion stehen u. a. als Anwendungen im Fokus. Methodische Herausforderungen beim Testen sowie bei der Verifikation und Validierung der Vorhersage der dynamischen Belastungen bestehen in der adäquaten Aufnahme, Verarbeitung und Interpretation hoher Datensätze unter Unsicherheit bei der Abschätzung tatsächlicher Lastspektren. Die Unsicherheit besteht insbesondere bei autonomen Systemen mit lasttragender Funktion aus metallischen und kunststofftechnischen Materialien unter dem Einsatz von Verfahren der künstlichen Intelligenz. Dieses Tätigkeitsfeld widmet sich der adäquaten Identifikation von Lastspektren sowie der modellbasierten individuellen Zustands- und Schadensidentifikation. Eigene Vorarbeiten zur Darstellung von fiktiven bzw. äquivalenten Belastungen als Schadensmodelle im Rahmen einer modellbasierten Zustandsidentifikation sind erfolgsversprechend und sollen weitergeführt werden. Die dabei auftretende Daten- und Modellunsicherheit werden mit weiterentwickel-ten deterministischen und nicht-deterministischen Verfahren bewertet.
Konkrete Beispiele in diesem Tätigkeitsfeld sind:
• Bewertung der Modellunsicherheit bei der Vorhersage passiver und aktiver Schwingungsisolation eines Federbeins. Zur Vorhersage kommen analytische/kontinuierliche (geschlossene Lösungen zur Energieerhaltung) oder numerisch/diskrete (Finite Elemente, Mehrkörpersimulation) Modelle eines Ein- oder Mehrmassenschwingers in Betracht.
• Modellbasierte Prognose der Restlebensdauer lasttragender Kunststoffkomponenten von autonomen Transportsystemen unter Umwelteinfluss. Ziel ist die Steigerung der Gewissheit beim Treffen von Entscheidungen, ob z. B. ein System weiter genutzt, instandgehalten oder ausgetauscht werden muss.
Die am TZ Weißenburg vorhandene achtbeinige Bewegungsplattform, ein Oktopode, ist u. a. eine ideale Versuchsumgebung, verschiedene Lastspektren und ihre dynamische Wirkung auf mobile Systeme und ggf. daraus entstehende Schäden experimentell zu erproben und Vorhersagemethoden unter Berücksichtigung von Daten- und Modellunsicherheit zu validieren. Daneben wurde ein Versuchsstand inklusive Messtechnik aus vorigen Tätigkeiten von Prof. Platz erworben, um die Forschungsarbeiten zur passiven und aktiven Schwingungskontrolle weiterzuführen. Hierzu wurde die zum Anschub der Professur bewilligten Laborausstattung genutzt.
Bisherige eigene Lösungen zur selbstregulierenden Stabilitäts- und Schwingungskontrolle sowie zur adaptiven Lastumleitung mit Hilfe strukturintegrierter geregelter Sensor-Aktuator-Netzwerke sind geeignete Bausteine für die erfolgreiche Zustandskontrolle strukturdynamische Systeme. Beispiele sind Rahmen, Tragwerkesysteme und ihre Komponenten aus Kunststoffmaterialien, Feder-Dämpfersysteme in Transportsystemen etc. Beispielsweise ist eine ertragbare Knicklast eines einzelnen axial belasteten Balkens um 30% mit Hilfe einer neuartigen geregelten piezo-elastischen Lagerung unter Berücksichtigung nichtlinearer Effekte, z. B. die Verminderung der modalen Steifigkeit der ersten Biegekritischen Eigenfrequenz bei zunehmender axialer Knicklast, möglich.
Konkrete weitere Beispiele in diesem Tätigkeitsfeld sind:
• Strukturdynamische Funktionserweiterung durch autarke Energiegewinnung, z. B. Strukturintegration der o. g. Elektrete für kinetisches Energy-Harvesting zur autarken Energieversorgung von Sensoren sowie durch die Speicherung der erzeugten elektrischen Energie, z. B. über strukturintegrierte Li-Ion Batterien.
• Strukturmechanische Auswirkungen und Umleitung von mechanischen Belastungen, z. B. in Li-Ion-Batteriezellwänden und Batteriegehäusen als smarte Maschinenelemente, die als lasttragende Bauteile direkt im Lastpfad eines lasttragenden Systems integriert und verteilt sind.
Auch hier ist die vorhandene Bewegungsplattform bestens geeignet, die verschieden Technologien zur Zustandskontrolle experimentell zu erproben.