Nachhaltige Kunststofftechnik, Prof. Dr. Dmitry Rychkov

LCR-Meter (Instek) & Digitalmultimeter (Keithley)

Funktionsintegrierte und –erweiternde Werkstoffe

Moderne Anwendungen erfordern aktive Komponenten wie Sensoren und Aktoren. Internet der Dinge, Smart Homes, autonomes Fahren – diese Anwendungen sind auf leichte, energieeffiziente und erschwingliche Werkstoffe angewiesen, nicht nur als Konstruktionsmaterialien, sondern auch als Teile von aktiven Komponenten. In dieser Hinsicht bieten Polymere eine einzigartige Kombination dieser Eigenschaften. Darüber hinaus können durch das Hinzufügen von Additiven, Füllstoffen und Verstärkungsphasen physikalische und chemische Eigenschaften von Kunststoffen verbessert und optimiert werden. Auf diese Weise und in Kombination mit moder-nen Verarbeitungsmethoden lassen sich Werkstoffe und Bauteile mit integrierter Funktion herstellen.

Konkrete Beispiele in diesem Tätigkeitsfeld sind: 

• Durch die Aufladung in der Koronaentladung werden Polymere zu Quellen des elektrischen Felds. Diese Eigenschaft macht es möglich, Polymere als aktive Komponenten in verschiedenen Wandlern zu verwenden. So werden zum Beispiel Elektretmikrofone in einer Stückzahl von mehr als 6 Milliarden pro Jahr hergestellt. In diesem Fall ist die zeit- und temperaturabhängige Ladungsstabilität das entscheidende Kriterium für den kommerziellen Erfolg dieser Anwendung. Dafür werden die Methoden der Ladungsstabilisierung durch Additive und Oberflächenmodifizierung speziell entwickelt.
• Die oben genannten Elektrete werden zusammen mit dipolaren (polaren) Polymeren häufig in piezoelektrischen Wandlern verwendet. Typische Anwendungen sind Drucksensoren und Ultraschallwandler (wie Echolote usw.). Ein innovativer und sich entwickelnder Bereich ist das Energy Harvesting. Hier sind Polymere mit dieser integrierten Funktion besonders wertvoll, da sie leicht, flexibel und kostengünstig sind und große Flächen abdecken können.
• Durch die Zugabe verschiedener Additive zur Polymermatrix (Compoundie-rung) lassen sich neue Werkstoffe mit maßgeschneiderten Eigenschaften herstellen. Auf diese Weise werden Materialien geschaffen, die: verstärkt, elektrisch und thermisch leitfähig und magnetisch sind sowie besondere optische Eigenschaften haben. 

Moderne Verarbeitungsmethoden ermöglichen die Kombination der oben genannten Eigenschaften. So können beispielsweise geschichtete elektroaktive Bauteile, aus allen genannten Materialien entweder als Filamente oder als Granulat, 3D-gedruckt werden.

Das TZ Weißenburg verfügt über ein voll ausgestattetes Labor für Polymeranalytik. Mit einer hochmodernen Ausstattung können thermische, mechanische, elektrische und optische Materialeigenschaften unter verschiedensten Bedingungen und Umwelteinflüssen untersucht werden. Der Maschinenpark für die Kunststoffherstellung und -verarbeitung umfasst Doppelschneckenextruder, Miniextruder, Spritzgussmaschinen, mehrere 3D-Drucker, Laborpresse, Siebdruckmaschine und robotergestützte Plasmabeschichtungsanalgen. Darüber hinaus wurde in den letzten zwei Jahren ein eigenes Elektrolabor zur Untersuchung der Prozesse der Ladungsspeicherung und des Ladungstransports in Dielektrika aufgebaut.

Ausgehend von den Tätigkeiten des Mitte 2021 abgeschlossenen und vom Europäischen Fond für regionale Entwicklung (EFRE) geförderten Projekt „Nachhaltige Wertschöpfungskette“, Abschnitt 5.1, konnte das TZ Weißenburg ein Netzwerk an Partnern im Bereich umweltbewusste Kunststofftechnik aufbauen. Hierbei wurden vor allem die aktuellen Produktionstechnologien an den Einsatz von nachhaltigen Werkstoffen angepasst sowie die Entwicklung von Produkten aus nachwachsenden Rohstoffen unterstützt.

Konkrete Beispiele in diesem Tätigkeitsfeld sind z. B.
• ein additives Verfahren zur endkonturnahen Fertigung mittels Kunststoffrezyklaten,
• die Weiterbildungsinitiative #DieWirkt. Diese besteht aus einer Reihe Lehrveranstaltungen (Netzwerktreffen und Workshops) und ermöglicht kleinen und mittelständischen Industrieunternehmen kostenfrei den Zugang zu den Schwerpunkten „Nachhaltigkeit“, „Recycling“ und „Kreislaufwirtschaft“.

Durch diese Maßnahmen werden Unternehmen gestärkt und im Transformationsprozess unterstützt. Das Weiterbildungskonzept orientiert sich dabei am Zyklus der Kreislaufwirtschaft damit Verknüpfungen zwischen den Kunststofffeldern „Design“, „Produktion“, „Nutzung“ und „Recycling“ entstehen.

Die Ergebnisse der Weiterbildungsinitiative #DieWirkt wurden im Abschluss des Projekts als Good-Practice-Beispiele von ausgewählten Kooperationspartner vorgestellt. Eines dieser Beispiele war das Schreibgerät „STABILO Grow“ der ortsansässigen Firma STABILO International GmbH in Weißenburg. Dieser neue innovative Füller besteht größtenteils aus nachwachsenden Rohstoffen. Selbst die verwendeten Kunststoffe werden aus Nebenprodukten der Papierherstellung (Zellulose und Tallöl) hergestellt. Die unterrichteten Inhalte aus #DieWirkt konnten bei der Entwicklung des nachhaltigen Produkts dazu beitragen, dass der CO2-Fußabdruck durch Designoptimierung und nachhaltige Materialauswahl um ca. 70% reduziert werden konnte. Der „STABILO Grow“ ist bereits auf dem Markt erwerbbar. Dieses Beispiel zeigt, wie ein Technologiezentrum vor allem regionale Unternehmen bei der Entwicklung von nachhaltigen Produkten unterstützen kann.

Versuchsstand zur Aufladung und thermisch-stimulierten Entladung von Kunststoffen

Messung der piezoelektrischen Koeffizienten in polymerisierenden Sensoren

Versuchsstand für dielektrische Festigkeit

Versuchsstand für dielektrische Festigkeit

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